Über mich und
meine Sammelleidenschaft
Im
Jahr 1956 wurde ich in Frankfurt am Main geboren und
bin in Bad Vilbel aufgewachsen.
Dort
wohne ich mit meiner Familie heute noch, obwohl ich
oft von anderen Orten träume.
Neben
Winnetou und Huckleberry Finn haben
drei Dinge meine Jugend nachhaltig geprägt.
Das Brummen der Propellermaschinen und Düsenjets,
die vom nahen Frankfurter Flughafen über unsere Köpfe
schwebten und die amerikanischen Soldaten, die die
Straßenszenerie beherrschten.
Natürlich bewunderte ich diese GI´s mit ihren
coolen Ray Ban Brillen, die im Frankfurter PX (Post
Exchange) exotische Dinge kauften, mit ihren Willys
Jeeps durch die Gegend fuhren und dann in diversen
Housing Areas verschwanden.
Als Vilbeler Bub war es für mich das größte
Abenteuer, in den Vilbeler Wald zu schleichen, um
die Soldaten bei ihren Schießübungen und Manövern
in getarnten Panzern,
Hubschraubern und Zeltcamps zu beobachten.
Besonders aufregend war es, nach Feierabend aus der
Mauer des Schießplatzes die Kugeln herauszupulen
oder leere Patronengurte zu ergattern.
Das Elvis Presley im nahen Friedberg in den Ray
Barracks stationiert war und in Bad Nauheim wohnte,
gab der ganzen damaligen Zeit auch noch einen Hauch
von Hollywood.
Die Präsenz der US-Soldaten, die ab Mitte der
sechziger Jahre in riesigen Lockheed C-5
Galaxy-Flugzeugen nach
Vietnam entschwebten, die gewalttätigen
Demonstrationen gegen den Krieg in der Frankfurter
Innenstadt, der Brandanschlag auf ein Frankfurter
Kaufhaus durch die RAF, die allabendlichen
Kriegsberichte aus Indochina in den Nachrichten und
die Joints der GI´s bei den Rockkonzerten in der
Frankfurter Festhalle haben mich fasziniert, oft
aber auch verwirrt.
Und die Ferien verbrachten wir in der
"Zone". Dort, in der ehemaligen DDR,
wohnten die Omas, Onkel und Tanten, die Cousinen und
Cousins, denen nur als Rentner die Reise zu uns in
den Westen gestattet war. Da die meisten Verwandten
noch zu jung waren fuhren wir also nach Dresden und
Leipzig, um die Verbindung zur Großfamilie lebendig
zu halten. Die Grenzgänge in Gerstungen bzw.
Herleshausen waren jedes Mal mit Angst behaftet. Die
gnadenlosen Durchsuchungen, die kalten Befehle, der
arrogante Ton der DDR-Grenzer und die hilflosen
Blicke der Reisenden lassen noch heute in mir eine
unbehagliche Stimmung aufkommen, angesiedelt zwischen Ohnmacht
und Wut.
Und heute?
Das
PX in Frankfurt ist abgerissen, der Krieg in Vietnam
beendet, der alte M 65 US-Parka drei Nummern zu
klein und der Schießplatz zum Biotop
umfunktioniert.
John F. Kennedy winkt uns nicht mehr zu auf seinem
Weg von Hanau-Erlensee zum Frankfurter Römer,
Deutschland ist wiedervereinigt und den
Todesstreifen der ehemaligen innerdeutschen Grenze
hat sich die Natur zurückerobert.
Aber es gibt sie noch, die Relikte aus diesen
bewegenden Zeiten.
Das heute ein Segment der
Berliner Mauer vor meiner Haustür steht und eine
halbe MiG 21 in meinem Gemüsegarten ist meine Möglichkeit,
ein wenig die alten Ereignissen nachzuvollziehen,
meine Ohnmacht in Macht zu verwandeln und
Festgesetztes zu verarbeiten.
Und da mein Daddy ein leidenschaftlicher N8 Filmer
und mit seiner Voigtländer Kleinbildkamera ständig
auf Motivsuche war, so hat dieses väterliche Hobby
zwangsläufig zu meiner Sammelleidenschaft von
alten Fotoapparaten geführt.
Geschichten sammele ich übrigens auch sehr gerne,
insbesondere die Geschichten von und über meine
Exponate. Die passen zwar in keine Vitrinen, aber
machen mich alten Schatzsucher erst so richtig glücklich.
Bad
Vilbel, am 03. September 2010
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